Keine Angst vor Unbeliebtheit – Nicht alle müssen dich mögen

Yoga gegen AngstNicht alle müssen dich mögen – du brauchst keine Angst davor haben, dich unbeliebt zu machen. Der innere Antreiber: „Alle müssen mich mögen – sonst ist es ganz schlimm“ muss dich nicht beherrschen. Es ist gut, mitfühlend mit Menschen umzugehen. Es ist gut, sich zu zu verhalten, dass du die Bedürfnisse anderer Menschen berücksichtigst. Aber lass dich davon nicht unter Druck setzen – lass dir keine Angst einjagen: Konflikte gehören zum Leben dazu.

Darüber spricht Sukadev in dieser achten unbearbeiteten Niederschrift aus dem Workshop „Angst und Ängste überwinden mit Yoga„:

Und den Minister für Popularität und Beliebtheit könnte man auch sagen – das ist eigentlich kein Minister, sondern ein Staatssekretär und der Staatssekretär ist untergeordnet dem Minister für Liebe. Und tief im Inneren haben wir den tiefen Wunsch, Liebe zu geben, Liebe zu erfahren und mit allen irgendwo Liebe zu spüren. Ist es möglich, Liebe zu allen zu spüren? Ich behaupte, ja. Ist es möglich, konfliktfrei mit allem Menschen zu leben? Nein. Ein Jesus, Inkarnation von Liebe, wurde ans Kreuz genagelt. Buddha, Inkarnation von Mitgefühl, es gab einige Mordanschläge. Nach einer der vielen Buddha-Erzählungen ist er sogar zum Schluss vergiftet worden. Manche sagen aber, es war nur versehentlich. Andere sagen, er war halt achtzig und es war einfach eine Magenverstimmung. Das kann auch passieren. Aber sicher ist, dass er Gegner hatte. Ein Swami Sivananda, vielleicht einer von denen der modernen Zeit, der dieses „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst, bear insult, bear injury, trage Schmähungen, Kränkungen, Beleidigungen“ in einem unglaublichen Maße entwickelt hat. Man könnte nicht sagen, dass er Feindesliebe entwickelt hat, nämlich Swami Sivananda hat nie das Gefühl gehabt, dass der Feinde hatte. Er wurde furchtbar kritisiert für vieles, was er gemacht hat. Es fing damit an, in seinem Ashram wurde die Kastentrennung konsequent aufgehoben. Es war ein Mönchskloster und er hat Frauen in den Ashram geholt. Skandal. Also, nicht geholt, sondern aufgenommen. Die dort bleiben wollten, konnten dort lernen. Gut, es ist trotzdem ein Mönchskloster, so dass bis heute dort in dem Ashram selbst die männlichen Swamis überwiegen, aber man hat das zugelassen. Er hat Westler in den Ashram gelassen, er hat Englisch gesprochen. Ein Skandal nach dem anderen. Er hat im Ashram selbst ein Krankenhaus gehabt, wo dann Menschen medizinisch versorgt wurden. In dem heiligen Ashram, die Todkranken und die auch nicht unbedingt spirituell waren. Auch sogar westliche Schulmedizin, Skandal. Traditionelle Gegend und da war jetzt ein Krankenhaus, was nach westlichen Standards OPs durchgeführt hatte, sich später spezialisiert hatte – ausgerechnet ein Männerkloster spezialisiert sich dann auf Frauenkrankheiten. Weil, nachdem es Krankenhäuser in der Gegend gab, die das andere abgedeckt haben, hat der Ashram diese Abteilungen reduziert und dann war halt die Abteilung für Gynäkologie wichtig. Dafür ist er bis heute bekannt. Also, wenn man dort zu den Sprechzeiten kommt, da sind meistens Frauen, die dort hinkommen. Also, ein Skandal nach dem anderen. Aus Liebe, aus Mitgefühl. Und Swami Sivananda hat auch nicht geschimpft über die anderen. Irgendwann mal gab es einen großen Kongress und dort gab es jemanden, der ist aufgestanden und hat dann Swami Sivananda beschimpft, dass er diese klassische indische Spiritualität aufgibt, dass Nicht-Brahmanen dort Lehrer sind, dass Leute die Mantras nicht richtig aussprechen, dass Leute bei Pujas mitwirken, die das nie gelernt hätten und noch eine ganze Menge anderes. Und der Swami Sivananda hat dann gesagt, er möge bitte nach vorne kommen, er sollte vorm Mikrofon sprechen, dass alle Leute das hören. Und die im Ashram, die halt nach der Zeit geguckt haben, haben gesagt: „Wir haben keine Zeit, Meister, dafür.“ Dann hat er gesagt: „Das geht von meiner Redezeit ab.“ Und er hat ihn dann reden lassen. Das ist ein Punkt. Und dann hat Swami Sivananda zum Schluss noch gesagt: „Danke, wir müssen uns immer bewusst sein, wir müssen auch die klassische Spiritualität leben. Und es ist gut, dass es solche Menschen gibt, die klassische Spiritualität leben.“ Oder traditionell, das ist nicht klassisch, sondern traditionell. Denn die Traditionalisten, auch wenn sie häufig Dinge machen, die unsinnig sind, sie helfen auch, etwas anderes zu bewahren. Währenddessen solche Revoluzzer, wie es letztlich Swami Sivananda war, die müssen dann auch aufpassen, dass sie dann nicht zu weit gehen. Und so hat er sich auch selbst immer wieder überprüft, was ist wirklich unabdingbar und was muss da sein, und was kann man ändern. Durch den Einfluss von Swami Sivananda hat sich sehr viel geändert in Indien. Und heute, wenn man heute seine Schriften liest, klingen die zum Teil etwas traditionell. Nur zu seinen Zeiten waren das revolutionäre Sachen. Und Swami Sivananda hatte wirklich alle mit Mitgefühl und Freundlichkeit behandelt, sogar die Kritiker, sogar diejenigen, von denen er fand, dass das, wie sie lehren, nicht das Richtige ist, dass sie eben im Namen von Spiritualität Menschen unterdrücken. Gegen die hat er nicht so sehr geschimpft, er hat sein Ding gemacht, und das hat eine Ausstrahlung gehabt, so dass nachher immer mehr dort ihm gefolgt sind. Aber auch auf ihn wurde ein Mordanschlag verübt. Es wird gesagt, dass es ein Geistesgestörter war, aber mir hat mal jemand im Ashram gesagt, eigentlich war es ein Fanatiker, ein Fundamentalist. Die im Ashram haben das aber heruntergespielt, dass es nicht zu Unruhen kam. Das war ja 1950, das war die Zeit der Hindu-Moslemunruhen und so wie Gandhi von einem Hindufanatiker getötet wurde, so gab es dann auch auf Swami Sivananda einen Mordanschlag von einem Fanatiker. Aber Swami Sivananda oder die Ashramleiter wollten nicht, dass das an die große Glocke kommt, und der hatte schon auch irgendwelche komische Sachen gehabt, wie vermutlich, eigentlich alle Fanatiker sind geistesgestört in meiner Einschätzung, gerade dann, wenn der Fanatismus so weit geht, dass er gewalttätig wird. So war es auch nicht ganz falsch, aber sie haben im Wesentlichen gesagt, es war ein Geistesgestörter. Aber Swami Sivananda hat sich dann vor ihm verneigt – also, er hat mit einer Axt auf ihn eingeschlagen, Swami Sivananda ist auch blutig gewesen. Swami Vishnu, sein Assistent, hat den anderen niedergerungen. Swami Vishnu war ja Hatha Yogi – also, Swami Vishnu, habt ihr hier ein Bild? Also jedenfalls, Schüler von Swami Sivananda, von dem ich selbst gelernt habe. Also, der war der Assistent von Swami Sivananda, er hat den anderen niedergerungen und hat Swami Sivananda das Leben gerettet. Und Swami Sivanandas erste Wort waren: „Vishnu Swamiji, mäßige deinen Zorn.“ Irgendwo war er in Sorge, dass der Swami Vishnu den anderen zu fest anpackt und vielleicht blaue Flecken macht. Gut, und dann wurde die Polizei gerufen und dann ging Swami Sivananda zu dem hin und hatte die Axt mitgebracht und hat gesagt: „Hier hast du die Axt, wenn du willst, kannst du jetzt dein Werk vollenden.“ Und danach, das hat der andere dann nicht gemacht, dann hat der Swami Sivananda der Polizei gesagt: „Bitte, entlasst ihn, ich werde mich um ihn kümmern.“ Und die Polizei hat ihn dann auch tatsächlich entlassen. Das wird im heutigen Indien jetzt natürlich nicht mehr möglich sein, aber dort damals in Rishikesh. Und dann hat Swami Sivananda ihn schon nach Südindien zurück zu seiner Familie fahren lassen, hat aber dann noch jahrelang Briefkontakt gehabt, hat ihn auch transformiert. Also, er hat schon vieles gemacht und hatte dort auch keine Ängste gehabt, wir ihr daraus sehen könnt, trotzdem hat er Gegner gehabt. Und so in diesem Sinne, der Minister für Liebe und Mitgefühl ist da, nur er hat auch den Anspruch, dass immer nur alles schön ist und dass alle harmonisch sind, nur unter Menschen ist keine Dauerharmonie möglich. Wir können es versuchen, soweit wie möglich.

 

Das war also der achteTeil der Mitschnitte der Vortragsreihe: „Angst und Ängste überwinden“. Aus einem Workshop mit Sukadev in der Yoga Vidya Yogaschule München im Herbst 2012. Hier noch ein paar Links: